Agroscope, University College London, UK

Wie robust waren die Schweizer Nahrungsmittelimporteure gegenüber COVID-19?

Der Landwirtschaftssektor als Ganzes erwies sich als robust gegenüber dem COVID-19-Schock. Doch wie wirkte sich die Pandemie auf die einzelnen Unternehmen dieses Sektors aus? Am Beispiel der Schweiz zeigen wir erstmals auf, wie Importeure landwirtschaftlicher Erzeugnisse die Pandemie wirtschaftlich überstanden haben.

Auf der Basis aggregierter Daten liegen bereits Erkenntnisse über die Auswirkungen der COVID-19-Krise auf den Handel auf Länderebene vor. Insgesamt zeigten sich die Länder robust gegenüber der Pandemie, dies gilt jedoch nicht zwingend auch für die einzelnen Unternehmen des Landwirtschaftssektors. Wegen der relativ kurzen Dauer der Pandemie kaschieren ausserdem aggregierte Daten zu längeren Zeitintervallen allfällige kurzfristige Schwankungen.

Auswirkungen der Pandemie auf den Handel mit Landwirtschaftsgütern

Wir wollten diese Lücke schliessen und erstmals Ergebnisse über die Auswirkungen der Pandemie auf den Agrarsektor auf Unternehmensebene vorlegen. Dazu analysierten wir die täglich erhobenen Importdaten für die Schweiz. Zunächst teilten wir die gesamten Importe nach drei Kriterien auf: (i) die Anzahl der Importunternehmen, (ii) die Anzahl der von diesen Unternehmen importierten Produkte und (iii) der durchschnittliche Importwert pro Produkt und Unternehmen (Abbildung 1). Anschliessend untersuchten wir den Zusammenhang zwischen diesen drei Importgruppen und der Anzahl COVID-bedingter Todesfälle pro Tag. Wir berücksichtigten auch, wie restriktiv die politischen Massnahmen waren.

Abbildung 1: Aufschlüsselung der Schweizer Gesamtimporte nach verschiedenen Kriterien (2019 und 2020).

Rückgang der Importe der Schweizer Unternehmen aufgrund der Pandemie

Ein Anstieg der täglichen COVID-19-Fallzahlen im Inland um 10 % führte zu einem Rückgang der täglichen Importe auf Produktebene um 3 %. Dies entspricht einer durchschnittlichen Verringerung der Importe auf Unternehmensebene um 2000 Franken pro Tag und einer maximalen Abnahme um 208’000 Franken pro Tag. Die Reduktion des Handelsvolumens war vor allem auf den Rückgang der importierenden Unternehmen zurückzuführen (siehe auch Abbildung 1) und weniger auf das durchschnittliche Importvolumen pro Unternehmen oder die Zahl der importierten Produkte. Auf Sektorebene waren Konsumgüter (z. B. Obst und Gemüse) stärker von der Pandemie betroffen als Vorleistungsgüter (z. B. Getreide, lebende Tiere, Kakao und Erzeugnisse der Mühlenindustrie), die sich robuster zeigten.

Stärkerer Rückgang bei grösseren Unternehmen

Die Krise zeigte bei allen Unternehmen Auswirkungen, unabhängig von der Grösse. Grössere Unternehmen waren jedoch verhältnismässig stärker betroffen (Abbildung 2). Zu diesem Ergebnis führten auch verschiedene Definitionen der Unternehmensgrösse (u.a. Zahl der Mitarbeitenden, Importvolumen, Importe aus mehreren Ursprungsländern). Grössere Unternehmen sind stärker in globale Wertschöpfungsketten eingebunden und daher anfälliger für globale Schocks.

Anmerkungen: Die vertikalen Linien zeigen die Koeffizientenschätzungen.

Abbildung 2: COVID-19 und Importe auf Unternehmensebene: Unterschiedlicher Rückgang je nach Unternehmensgrösse.

Welche Mechanismen erklären unsere Ergebnisse?

Im Inland war der Rückgang des Handels zum Teil auf die durch den Schock verursachte niedrigere Produktivität der Unternehmen zurückzuführen. Unsere Schätzungen deuten darauf hin, dass die negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Inlandnachfrage grösser waren als auf das Inlandangebot. Infolgedessen war die Importtätigkeit für gewisse Unternehmen wahrscheinlich nicht mehr rentabel, was zu einem Rückgang der Zahl der aktiven Importunternehmen führte. Ausserdem stieg die Produktivität der Branche, weshalb sich noch mehr Unternehmen mit eher geringer Produktivität aus dem Importmarkt zurückzogen.

Es wurden ausserdem zwei weitere Mechanismen untersucht: Zunächst prüften wir, ob Drittländereffekte bestanden. Das Ausmass des wirtschaftlichen Schocks in anderen Ländern und die damit verbundenen Störungen in den globalen Lieferketten schränkten die Importmöglichkeiten der Schweizer Unternehmen ein, selbst wenn entsprechende Produktionskapazität vorhanden gewesen wären. Zweitens änderte sich das Verhalten der Schweizer Konsumenten. Wir stellten fest, dass die Pandemie negative Auswirkungen auf den Besuch von Lebensmittelgeschäften und Freizeiteinrichtungen hatte, was auf eine geringere Nachfrage der Privathaushalte schliessen lässt. Bestätigt hat dies eine Analyse von monatlichen Detailhandelsdaten.

Fazit

  • Wir untersuchten, wie die Schweizer Agrarimporte von der COVID-19-Pandemie betroffen waren, indem wir täglich erhobene Importdaten auf Unternehmensebene für 2019 und 2020 analysierten.
  • Wir beobachten einen Rückgang der Importe auf Unternehmensebene, hauptsächlich aufgrund einer geringeren Zahl von importierenden Unternehmen.
  • Grössere Unternehmen waren ausserdem vom Schock überproportional stärker betroffen als kleinere Unternehmen.
  • Die Pandemie wirkte sich besonders stark auf Konsumgüter aus, während sich der Sektor der Vorleistungsgüter als robuster erwies.
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